Zaddach und Knödler

Gilching – „Die Kunst, ohne Sprache Geschichten erzählen“, lautet der Titel ihres ersten gemeinsamen Buches. Protagonist ist Dieter Knödler, der nach einem Schlaganfall und einer Aphasie ein neues Leben mit der Fotografie angefangen hat. Lebensbegleiterin ist die Lyrikerin Rose Zaddach.

Ein eingeschworenes Team

Rose Zaddach und Dieter Knödler...



Die neue Heimat des Lebens- und Liebespaares ist eine gemütliche Wohnung im Betreuten Wohnen in Gilching. Eigentlich kommen beide aus Reutlingen und sind sich auch schon dort mehrfach über den Weg gelaufen. Allerdings nur beruflich. Rose Zaddach arbeitete als Heilpädagogin in einer Waldorfschule und Dieter Knödler als Konrektor in einer Sonderschule. „Die Sommerferien verbrachte ich mit der Familie in der Bretagne oder zum Segeln in Holland. Trotz manchem Auf und Ab war mein Leben ausgefüllt und von Erfolg und Glück geprägt“, erzählt der 71-Jährige. „Als ich 50 Jahre alt wurde, veränderte sich mein Leben schlagartig. Aus heiterem Himmel und ohne vorherige Ankündigung brach ich zusammen, verbrachte anschließend viele Monate im Krankenhaus und brauchte die restlichen Jahre zur Rehabilitation.“ Doch Aufgeben gehörte nicht zum Lebensplan. „Ich wollte mein Schicksal nicht annehmen, haderte, rang mit mir und erkannte schließlich, dass es nur einen Ausweg für mich gab, den Blick nach vorne zu richten und mich schrittweise auf den Weg zu machen.“ Fortan wurde eine kleine analoge Kamera zur ständigen Begleiterin. „Ich trug sie mit einer Kette um den Hals in meiner Brusttasche, jederzeit erreichbar und sicher verstaut. Rechts bin ich gelähmt, deshalb fotografiere ich mit links, weshalb ich das Gehäuse verkehrt herum halten muss. Es war schwierig, in dieser Haltung die Welt einzufangen, aber ich lernte, mit der Kamera das Leben wieder neu zu betrachten.“ Da beide kunstbeflissen und auch neugierig sind, blieb es nicht aus, dass sie sich vor 14 Jahren auf einer Lyrik-Veranstaltung erneut getroffen haben. „Und da hat er mich gefragt, ob ich ihn auf seinem ersten Urlaub begleite“, erinnert sich Rose. Die heute 73-Jährige überlegte nicht lange, sagte Ja und ging mit nach Mallorca. „Wir nahmen uns einen Mietwagen und sind viel in abgelegenen Gegenden rumgefahren. Oft war er plötzlich verschwunden, weil er ein tolles Motiv entdeckt hatte. Ich bin begeistert von seinen Fotos, weil er eine ganze andere Sichtweise auf die Dinge hat.“ Mittlerweile sind die beiden ein eingeschworenes Team. Während Rose gerne als Dolmetscherin fungiert, wenn es ihr sprachlich wieder zu langsam geht, und auch seine Fotos am Computer bearbeitet, treibt er seine Lebensgefährtin zu ungewöhnlichen Leistungen an. „Ich hätte mir nie zugetraut, zu malen. Ich hatte sogar Angst davor, doch er hat mir immer wieder Mut zugesprochen.“ Heute ist Rose Zaddach nicht nur eine gefragte Lyrikerin, sondern auch Mitglied einer Ateliergemeinschaft in Gauting und hat auch schon etliche Ausstellungen bestritten.

Nach Gilching kamen sie im Juli 2014, da Rose Zaddachs Tochter Mirjam in Gilching verheiratet ist und auch die drei Enkelkindern spielten eine Rolle. „Anfangs waren wir gar nicht begeistert. Uns haben der alte Stadtkern und die vielen kleinen Geschäfte von Reutlingen gefehlt“, räumt Rose ein. Das hat sich schnell geändert. „Wir hatten gar nicht gewusst, wie angenehm es hier ist, zu leben. Außerdem ist alles fußläufig erreichbar. Bereut haben wir den Umzug nie.“ Zumal Dieter Knödler trotz Behinderung ein leidenschaftlicher Autofahrer ist und jede Gelegenheit nutzt, mit seiner Rose das Land zu erkunden. Viel Freizeit bleibt den beiden wegen eines vollen Terminplanes nicht. Mal sind es Foto-Ausstellungen, mal präsentiert Rose ihre Bilder. Zudem wird spätestens zur zweiten Gilchinger Kunst- und Kulturwoche ein neues Buch erscheinen. „Paula und KA“, lautet der Titel des Romans. Autobiografisches? „Ja klar, es kommt auch unsere erste gemeinsame Mallorca-Reise darin vor.“ Uli Singer